ÜBER LIMASSOL AUF DEN ROTEN TEPPICH: MEIN TRAINING FÜR DEN HAMBURG MARATHON
Eins meiner liebsten Motivationslieder (egal, ob Wettkampf oder Training), dass ich gedanklich singe, wenn´s mir schwer fällt. Und gerade in der Marathonvorbereitung und natürlich dann im Wettkampf kommt immer wieder der Punkt, an dem der Kopf lieber aufhören möchte und versucht, den Körper davon zu überzeugen, dass er auch aufhört. Trotzdem (oder doch eher genau deshalb?) laufe ich dieses Jahr in Hamburg meinen mittlerweile sechsten Marathon. Ich freue mich schon, über den roten Teppich an den Messehallen ins Ziel einzulaufen. Hoffentlich mit einer neuen Bestzeit „im Gepäck“!
Irgendwie hat diese Distanz etwas Magisches für mich, was mir vor allem im vergangenen Jahr in Berlin klar wurde. Mir geht es nicht nur darum, hin und wieder den Schweinehund zu besiegen. Mich reizt das Gesamtpaket aus monatelanger Vorbereitung (inklusive der Flüche, warum man sich das antut), um dann auf den finalen 42,195 Kilometern den Lohn für seine Arbeit zu bekommen. Sei es durch die Aufregung am Start, gute Stimmung am Streckenrand und natürlich den Zieleinlauf, der mich immer wieder glücklich macht.
MEIN TRAINING FÜR DEN HAMBURG MARATHON
Nachdem ich den Berlin-Marathon im vergangenen Jahr ohne Druck und ohne Ziel (außer, das Ganze nach dem Skating-Marathon zu überleben) gelaufen bin, soll in Hamburg bitteschön eine neue Bestzeit rausspringen. In Hamburg bin ich meine aktuelle Bestzeit (3:59:48h) gelaufen, warum soll es dort also nicht wieder klappen? Die Strecke ist wunderschön, die Stimmung großartig und dass es in Hamburg im April zu heiß wird, ist auch eher unwahrscheinlich.
Ich trainiere in diesem Jahr auf sub3:50, mein Plan kommt wieder von meiner Trainerin Annika. Auch wenn ich weeeeit davon entfernt bin, richtige Knallerzeiten rauszuhauen, trainiere ich lieber nach einem individuellen statt einem Standardplan. Ich kenne Annika jetzt schon ein paar Jahre und, noch wichtiger: Sie kennt mich. Annika weiß ziemlich genau, zu welcher Leistung ich fähig bin. Sie wusste zum Beispiel schon vor mir, dass ich grundsätzlich in der Lage bin, 1.000m in 4:30min zu laufen und sie sagt mir auch ehrlich, was nicht geht. Und sie hat auch kein Problem, meine Schwachstellen anzusprechen.
Zweiter positiver Punkt: In einem individuellen Plan kannst du dir geplante Wettkämpfe, aber auch Urlaube eintragen lassen. Dann hast du auch keinen Stress und kein schlechtes Gewissen, falls du zwischendurch mal vier Tage Skifahren oder eine Woche am Strand rumlümmeln willst. Mein Plan umfasst 16 Wochen (damit ich zwischendurch Skifahren gehen kann) und enthält neben vier Laufeinheiten noch Stabitraining (jaja, toooll!), Faszientraining (bzw. das Bearbeiten der Faszien mit einer Faszienrolle – ich wurde neulich berichtigt, dass alle den Begriff falsch verwenden, aber ich denke, jetzt kannst du dir vorstellen, was ich da mache), einen Aktiv-Regenerationstag mit Schwimmen oder Yoga und – gaaanz wichtig – einen Restday. Da mache ich wirklich gar nix. Bis auf ein bisschen Faszienrollen halt.
Die Laufeinheiten bestehen aus einmal Fahrtspiel, einem etwas schnelleren Lauf um die 10 Kilometer, einem längeren langsamen Lauf und dem wöchentlichen Longrun mit Temposteigerung. Die Distanz der Longruns steigert sich jede Woche um zwei bis vier Kilometer. Die langen Läufe werden außerdem in mehrere Abschnitte unterteilt, die langsam starten und immer schneller gelaufen werden. Ein Beispiel: 24 Kilometer unterteilt in 10/10/4km mit folgender Pace-Einteilung: 6:15/6:05/5:45min/km.
Mit steigender Distanz wird sich auch das Tempo der verschiedenen Einheiten noch steigern. Wie genau das dann aussieht, kann ich aktuell jedoch noch nicht verraten. Annika gibt mir immer nur den Plan für vier Wochen und danach schauen wir über mein Training. Läuft alles, wie geplant, geht´s normal weiter. Läuft es nicht wie geplant, müssen wir irgendwie gegensteuern. Oder, im schlimmsten Fall, meine Zielzeit korrigieren. Was übrigens auch für einen individuellen Plan mit Trainerbegleitung spricht: Du hast jemanden, mit dem du dich über deine Fortschritte, aber auch über deine Probleme austauschen kannst.
Neben meinem geplanten Skiurlaub trägt Annika auch, wie bereits angedeutet, meine Wettkämpfe in den Plan ein. Mit Susi von runskills laufe ich beispielsweise den Frostwiesenlauf (es gibt eine wunderschöne Medaille und außerdem alle fünf Kilometer Tee, Schokolade, Kuchen, Glühwein, Salzbrezeln und, und, und. Klar, dass wir die längste Distanz (30km) laufen, umso öfter dürfen wir uns den Bauch vollschlagen. Außerdem wurde ich eingeladen, als Ambassador am Marathon in Limassol auf Zypern teilzunehmen. Ursprünglich hatte ich geplant, dort sogar die volle Distanz zu laufen. Bin dann aber vernünftig gewesen und habe ich mich nur für den Halbmarathon angemeldet. Annika wird mir auch hier eine Zielzeit aufdrücken, an der ich mich dann versuchen soll. Für den Limassol Marathon wird es in den nächsten Wochen übrigens immer wieder Gewinnspiele auf unserem Instagram-Kanal geben.
DOS AND DON´TS IN DER MARATHONVORBEREITUNG
Vielleicht hat dich das derzeit stark grassierende Marathonfieber auch schon gepackt und du überlegst, dich demnächst dieser Distanz zu stellen. Stell dir davor bitte folgende Fragen:
- Warum Marathon? (Bitte nicht „Weil das alle machen“!)
- Welche Distanz schaffst du aktuell? (Ich empfehle, mindestens schon einen Halbmarathon absolviert zu haben. Ist aber meine persönliche Einschätzung.)
- Wann und wo möchtest du deinen ersten Marathon laufen?
- Welche Besonderheiten hat dieser Marathon? (Hügelige Strecke, windanfällig, es müssen Runden gelaufen werden, der Start ist sehr früh morgens oder sehr spät abends/nachts usw.)
- Wie viel Zeit bleibt dir noch zum Training? (Du solltest mindestens 12 Wochen einplanen. Schaffst du aktuell noch keinen Halbmarathon, plane besser sechs Monate ein. Von nahezu 0 auf 42 Kilometer – davon bin ich kein Freund und gut für den Körper ist es auch nicht.)
- Hast du genug Zeit, um neben Schule, Studium oder Beruf noch drei- bis viermal pro Woche (entweder ganz früh oder nach Feierabend – bei jedem Wetter!) laufen zu gehen plus Krafttraining, Faszientraining, Stretching etc.?
Zusätzlich empfehle ich vor dem Trainingsstart, einen ärztlichen Check. Auch eine Leistungsdiagnostik kann sinnvoll sein. Infos warum, wieso, weshalb findest du in diesem Blogbeitrag.
Auch nach fünf Marathons bin ich natürlich kein Profi auf dem Gebiet. Dennoch glaube ich, dass ich dir einige Tipps für dein eigenes Training geben kann. Gleichzeitig kannst du Fehler vermeiden, die ich selbst gemacht habe.
Streiche niemals, hörst du, NIEMALS den langen Lauf!
Der lange (und eher langsame) Dauerlauf aka Longrun darf meiner Meinung nach (und das sagen auch die Experten, wenn man mal ein wenig im Netz oder auch in Büchern liest) auf gar keinen Fall fehlen. Damit bereitest du deinen Körper langsam (und idealerweise behutsam) auf die kommende Belastung vor. Bei meine Longruns ist, wie oben beschrieben, eine Temposteigerung vorgesehen. Das hat mir vor zwei Jahren bereits sehr geholfen. Im Wettkampf hatte ich nämlich zwischendurch ein paar langsamere Kilometer und dann musste ich am Ende dann noch eine 5:20min/km raushauen, sonst wäre es nix mit der sub4 geworden. Du kannst deinen Longrun aber auch in einem gleichmäßigen Tempo laufen. Wichtig ist, dass du nicht auf Anschlag (also tempomäßig) läufst, sonst brauchst du ewig, um dich davon zu erholen. Und wichtig ist auch, die Distanz vorsichtig zu steigern (zum Beispiel jede Woche um zwei bis vier Kilometer). Es ist nicht sinnvoll, in der einen Woche 20 Kilometer zu laufen und die Woche drauf gleich 30. Klar, dein Herz-Kreislauf-System kann sich relativ schnell an die Belastung anpassen. Deine Muskeln, Sehnen, Bänder, Knochen und Faszien brauchen aber deutlich länger.
- Bau Tempoeinheiten, wie zum Beispiel Intervalle oder Fahrtspiele in dein Training ein!
Diese Einheiten habe ich in meinem ersten Marathontraining ja irgendwie komplett ausgelassen. Und ich kann bis heute nicht erklären, warum eigentlich. Ich hatte keinen richtigen Plan, sondern bin einfach nur laufen gegangen. Und zwar immer im mehr oder weniger gleichen Tempo. Nur unterschiedliche Distanzen. Und Minimum zehn Kilometer. Für alles andere hätte ich mir gar nicht erst die Schuhe angezogen. Tja, was soll ich sagen. So ein paar Tempoeinheiten hätten mir sicher gut getan und möglicherweise eine Begegnung mit dem viel beschrieenen „Mann mit dem Hammer“ herausgezögert oder gar verhindert. Input für dein Schnelligkeitstraining findest du hier.
- Never skip Legday – Krafttraining nicht vergessen!
Auch so eine Sache, die du besser fest einplanst. Du hast deine Ausdauer mit unzähligen Longruns trainiert. Hast dich in Intervallen verausgabt. Doch dann versagen dir deine Beine trotzdem den Dienst. Die Oberschenkel brennen. Die Waden krampfen. Oder du sackst förmlich zusammen, weil dir jegliche Stabilität im Rumpf fehlt. Schau mal hier nach, da findest du ein paar Übungen, die du auch ohne Geräte machen kannst. Dazu brauchst du auch keinen Strand. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mein Krafttraining erst nach meinem dritten Marathon wirklich diszipliniert angegangen bin und durchgezogen habe. Und siehe da: Die Beine machen brav, was sie sollen. Der Rücken tut nicht weh. Hätte mir das mal jemand eher gesagt! Also sei schlau, schreib dir dick und fett „Krafttraining“ in deinen Plan.
- Denk an deine Faszien / Stretching!
Ach ja, Faszien. Als ich auf meinen ersten Marathon hin trainiert habe, kannte ich die Dinger noch gar nicht. Fakt ist: Faszien sind sozusagen die Hülle um jeden einzelnen Muskel und durchziehen deinen ganzen Körper wie ein Netz. Nicht nur die Muskeln werden umhüllt, sondern auch jedes einzelne Muskelfaserbündel und jede einzelne Muskelfaser. Und wenn jetzt irgendwo so ein Stück dieser Hülle verklebt (ja, das tun die!), dann kann das zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen iiirgendwo an deinem Körper führen. Nur ein Beispiel au meiner Erfahrung (ja, ich habe verdammt viel falsch gemacht in der Vergangenheit!): Ich hatte unglaublich lange Probleme mit meiner Achillessehne. Bis die so unglaublich schlimm geschwollen und entzündet war und ich kaum noch die Treppe runterkam. Vier Monate Laufpause waren das Ergebnis. In der Physiotherapie wurde mir dann erzählt, dass meine Plantarfaszie komplett verklebt sei. Mir wurde also hauptsächlich der Fuß („plantar“ = „fußsohlenseitig“) massiert, die Zehen umgebogen und langgezogen und ich wurde aufgefordert, auch meinen Füßen mehr Beachtung zu schenken. Alle zwei Tage rolle ich jetzt also mit einem Golfball die Fußunterseite. Und mache „Greifbewegungen“ mit den Füßen. Und rolle generell öfter auf der Faszienrolle rum. Stretching ist ebenfalls hilfreich. An meinem Regenerationstag will ich deshalb wieder öfter ins Yoga geben. Auch hierfür gibt es übrigens bereits einen Blogbeitrag. Falls du Probleme mit deinem Hüftbeuger hast, schau mal hier vorbei. Ist ein bei Läufern weit verbreitetes Problem!
- Pausen / Ruhetage sind wichtig
Keine Sorge, ein Pausentag wird deine Form nicht ruinieren. Sondern dich besser machen. Denn durch die Erholung ist der Körper nicht nur in der Lage, das gleiche Leistungsniveau wiederherzustellen, sondern er kann es sogar über dieses Niveau steigern. Man spricht hier von der sogenannten Superkompensation. Die Regenerationsphase darf nicht zu lang sein, sonst geht der Trainingseffekt wieder verloren. Ist sie zu kurz, wird zu viel und/oder zu intensiv (zu viele Einheiten in zu hohem Tempo beispielsweise) trainiert, kann sich der Körper nicht erholen. Das Leistungsniveau sinkt dann sogar. Viel hilft also nicht immer viel, sondern kann im sogenannten Übertraining enden. Neben einem sinkenden Leistungsvermögen macht sich dies auch oft durch einen erhöhten Puls, Schlafstörungen und/oder Kopfschmerzen bemerkbar. Solltest du dich also permanent schlapp fühlen, schalte einen Gang runter! Wenn du dich stattdessen immer mehr pushst, tust du dir und deinem Körper überhaupt keinen Gefallen.
Ich habe tatsächlich nach meinen Longruns damals noch eine Runde Inlineskating drangehängt. War noch zweimal pro Woche beim Zumba. Hab halbherzig EMS-Training gemacht… Ich kam so auf sieben, acht Sporteinheiten pro Woche und hatte selten einen sportfreien Tag. Dafür manchmal sogar zwei Einheiten am Tag! Bei einer Körperanalyse wurde dann festgestellt, dass ich innerhalb von acht Wochen nicht etwa Muskulatur aufgebaut, sondern ein ganzes Pfund Muskelmasse abgebaut hatte. Na bravo! Also: Chill dein Leben und leg ruhig mal die Füße hoch.
- Wie ernähre ich mich richtig in der Vorbereitung und am Marathontag?
Ach ja, das Thema hatten einige von euch angeschnitten. Da bin ich ja nun weiß Gott kein gutes Vorbild. Ich esse grundsätzlich zu viel und zu süß. Deshalb mein Tipp für dich: Überschätze bloß nicht den Kalorienverbrauch während deiner langen Läufe. Der ist nämlich nicht so hoch, dass man danach fröhlich Kuchen, Schokolade, Nudeln, Kekse, Eis und was weiß ich noch alles in sich reinstopfen könnte. VOR dem Training sollst du natürlich ausreichend essen. Von völliger Eskalation „zur Belohnung“ nach einem absolvierten Lauf rate ich jedoch ab. Ernährungstipps für Sportler haben wir dir ebenfalls schon auf unserem Blog zusammengeschrieben.
Welche Nahrungsmittel du nun zum Beispiel vor oder während eines Longruns oder auch im Wettkampf konsumierst, musst du tatsächlich ausprobieren. Ich kann leicht verdauliche Kohlenhydrate in Form von Brötchen oder Toast mit Marmelade, Honig, Nutella, Ovomaltine etc. empfehlen. Vielleicht noch eine Banane dazu. Auch Getreidebrei mit Obstmus kannst du mal ausprobieren. Vollkornprodukte machen zwar länger satt, brauchen aber länger, um verdaut zu werden. Und dann liegen sie im schlimmsten Fall schwer im Magen oder zwingen dich hinter das nächste Gebüsch.
Während der Longruns kannst du Gels o.Ä. ausprobieren. Ich mag mittlerweile am liebsten die Gel-Chips von UltraSports. Ein wenig Inspiration in Sachen Gels etc. findest du hier. Du kannst dann entweder gleich die Dinge testen, die der Veranstalter deines Marathons anbietet oder du nimmst dann deine eigene Verpflegung mit. Wichtig: Bloß keine Experimente am Wettkampftag!
- Was ziehe ich an?
Auch hier nur ein Tipp: Teste alles, was für den großen Tag in Frage kommt, ausgiebig. Und zwar nicht nur die Schuhe, sondern auch Socken, Hosen, Shirts. Wer sich nämlich schon einmal in Split Shorts und Singlet bei einem Longrun einen Wolf gelaufen (sich also so richtig schön die Haut aufgescheuert) hat, erspart sich das dann beim Marathon. Teste, ob du dich irgendwo wundscheuern kannst (Nähte und/oder rauhe Materialien können da auch ganz fies sein) oder ob du dir in deinen Schuhen oder deinen Socken Blasen läufst.
- Konzentriere dich auf EINE Sache und das ist jetzt der Marathon!
Noch ein wirklich gut gemeinter Tipp zum Schluss: Verzettel dich nicht. Klar, kleinere Wettkämpfe können spannend und durchaus sinnvoll sein. Aber nur zum richtigen Zeitpunkt. Und nicht jede Woche. Der als Longrun getarnte Wettkampf wird dann garantiert zu schnell und du brauchst länger als einen oder zwei Tage, um dich davon zu erholen. Drei „langsame“ Marathons vorab sind sicherlich nicht gerade förderlich. Klär also am besten vorher ab, welche Wettkämpfe für dich und dein Ziel sind.